Tarifpolitik
Die Tarifbeschäftigten – eine starke Säule des dbb Hessen
Der dbb Hessen hat auf seinem Gewerkschaftstag im Mai 2018 in Darmstadt unter dem Motto „Hessen gestalten – nur mit uns!“ folgende Positionen zur Tarifpolitik beschlossen:
Einkommensrunde 2021 - mit dem Land Hessen Einigung erzielt
Vorwort

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
am frühen Morgen des 15. Oktober hat sich dbb mit dem Land Hessen nach einer langen Verhandlungsnacht auf ein Tarifergebnis in der diesjährigen Einkommensrunde geeinigt.
Die Einigung umfasst eine Vielzahl von Regelungen über den gesamten Bereich des TV-H. Ergänzend ist eine umfassende Entgeltordnung für angestellte Lehrkräfte abgeschlossen worden.
Auch verschiedene hessenspezifische Regelungen sind mit diesem Abschluss fortgeschrie- ben oder erstmals vereinbart werden, so dass das Land Hessen seinen Gestaltungsan- spruch positiv hinterlegen konnte. Im Einzelnen:
I. Erhöhung der Tabellenentgelte, Entgeltbestandteile und Einmalzahlungen
Die Tabellenentgelte (einschließlich der Beträge aus einer individuellen Zwischen- oder End- stufe sowie die Tabellenwerte für die Entgeltgruppen 2 Ü, 13 Ü und 15 Ü) werden wie folgt erhöht:
- zum 1. August 2022 um eine lineare Erhöhung von 2,2 v.H.;
- zum 1. August 2023 um eine lineare Erhöhung von 1,8 v.H.,
mindestens aber um 65 EUR.
Die allgemeine Entgelttabelle und die Auszubildendenentgelte ab August 2022 beziehungs- weise August 2023 sind diesem Rundschreiben als Anlage beigefügt.
Zusätzlich erhalten die Beschäftigten noch im Jahr 2021 eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 500 EUR, die den Beschäftigten steuer- und sozial-abgabenfrei zufließen wird. Im März 2022 wird dann nochmals eine weitere Corona-Sonderzahlung in Höhe von wiederum 500 EUR ausbezahlt. Teilzeitbeschäftigte erhalten die Sonderzahlung zeitanteilig.
Entsprechend linear und zeitgleich erhöht werden ferner folgende Entgeltbestandteile:
die Garantiebeträge in der Protokollerklärung Nr. 2 Satz 4 zu § 17 Abs. 4 TV-H,
dieGarantiebeträgenach§6Absatz4TV-ÜH
die Bereitschaftsdienstentgelte in der Anlage D zum TV-H,
die Zulagenbeträge in der Anlage E zum TV-H,
dieBesitzstandszulagennach§§9und11TVÜ-H,
die Bemessungsgrundlage für die Lohnzuschläge nach § 1 Abs. 2 des Tarifvertrages
über die Lohnzuschläge gemäß § 29 MTL II (TVZ zum MTL) vom 9. Oktober 1963.
Für die nach Nr. 4 der Protokollerklärungen zu § 21 Satz 2 und 3 TV-H zu zahlenden Zulagen beträgt der Erhöhungssatz für
vor dem 1. August 2022 zustehende Entgeltbestandteile 1,98 v.H.
vor dem 1. August 2023 zustehende Entgeltbestandteile 1,62 v.H.
Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 28 Monate bis zum 31. Januar 2024. Darüber hinaus konnten noch folgende Verbesserungen vereinbart werden:
II. Paket für die Nachwuchskräfte
1. Die Ausbildungsentgelte im TV-H BBiG und TVA-H Pflege werden
- zum 1. August 2022 um einen Festbetrag in Höhe von 35 Euro und
- zum 1. August 2023 um einen weiteren Festbetrag in Höhe von 35 Euro
erhöht. Ferner erhalten auch Auszubildende noch im Jahr 2021 und nochmals zum März 2022 je eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von jeweils 250 EUR, die ebenfalls steuer- und sozialabgabenfrei zufließen wird.
2. Deutlich verbesserte Regelungen zur Übernahme von Auszubildenden
Für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2021 werden zunächst die § 19 TVA-H-BBIG und 18a TVA-H-Pflege wieder in Kraft gesetzt. Anschließend gilt ab dem 1. August 2021 für die Dauer der Laufzeit des Tarifvertrages Folgendes:
Auszubildende, die die Abschlussprüfung mit mindestens der Abschlussnote „befriedigend“ bestanden haben, werden bei dienstlichem bzw. betrieblichem Bedarf im unmittelbaren An- schluss an das Ausbildungsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen, sofern nicht im Einzelfall personenbedingte, verhaltensbedingte, betriebsbedingte oder ge- setzliche Gründe entgegenstehen. Sonstige Auszubildende werden befristet für die Dauer von 12 Monaten übernommen.
3. Stufe 2 für Auszubildende nach erfolgreicher Ausbildung und Übernahme in den Lan- desdienst!
Als weitere Verbesserung ist in § 16 in Absatz 2b nun eine Regelung eingefügt, wonach Auszubildende in Ausbildungsberufen nach dem TV AH-BBiG / TV A-H Pflege, die nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung in den Landesdienst übernommen werden, immer gleich in die Stufe 2 der jeweiligen Entgeltgruppe eingestuft werden. Auch diese Neurege- lung greift ab dem 1. August 2022.
III. Pflegezulage für Beschäftigte im Krankenpflegedienst des Justizvollzugs
Beschäftige im Krankenpflegedienst des Justizvollzugs erhalten ab dem 1. Januar 2022 eine Pflegezulage in Höhe von monatlich 120 EUR. Diese nimmt ab August 2022 an den allge- meinen Entgelterhöhungen teil.
IV. Fachkräftepaket
1. Einführung einer neuen Stufe 1a und 1b bei jeweils sechsmonatiger Stufenlaufzeit
In der Anlage B zum TV-H (Entgelttabelle) wird in den Entgeltgruppen 2 bis 16 die bisherige Stufe 1 zur Stufe 1a. Zusätzlich wird eine neue Stufe 1b eingefügt. Der Tabellenwert der Stufe 1b errechnet sich aus den Beträgen der Stufe 1a, erhöht um die Hälfte der Differenz zur Stufe 2. Auch in der Anlage C wird in den Entgeltgruppen KR 5 und KR 6 die Stufe 1 zur Stufe 1a und eine Stufe 1b in entsprechender Höhe eingefügt. Auch in der Anlage F wird in den Entgeltgruppen S2 bis S18 die Stufe 1 zur Stufe 1a und zusätzlich die neue Stufe 1b eingefügt Die Stufenlaufzeit in den Stufen 1a und 1b beträgt jeweils sechs Monate. Auch diese Neuerungen greifen ab dem 1. August 2022.
2. Einführung einer Entgeltgruppe 16
In der Anlage B zum TV-H wird zum 1. August 2022 eine neue Entgeltgruppe 16 eingeführt, die betragsmäßig 500 EUR über den jeweiligen Stufen in der Entgeltgruppe 15 liegt. Die Entgeltordnung (Anlage A) wird in den Bereichen der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst, den Eingruppierungsregelugen für Ärztinnen und Ärzte, für Beschäf- tigte in der Forschung sowie den technischen Forstdienst um entsprechende Regelungen ergänzt. Eine entsprechende Höhergruppierung erfolgt auf Antrag, wobei eine Höhergrup- pierung stufengleich, jedoch ohne Mitnahme der bereits zurückgelegten Stufenlaufzeit er- folgt.
Ergänzend wird die Entgeltordnung in der Anlage A entsprechend um die Entgeltgruppe 16 ergänzt, und zwar im Bereich der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungs- dienst (Teil I), für Ärztinnen und Ärzte, für Beschäftigte in der Forschung und für technische Beschäftigte im Forstdienst. Für Ärztinnen und Ärzte ist die Entgeltordnung ab der Entgelt- gruppe 14 neu strukturiert worden.
3. vollständige Beibehaltung der Fachkräftezulage in § 18 TV-H
Erreicht worden ist ferner, dass die Fachkräftezulage nach § 18 TV-H nicht außer Kraft tritt, sondern trotz der erfolgten Neuregelung der Tätigkeitsmerkmale für Ärztinnen und Ärzte bzw. Zahnärztinnen und Zahnärzte zumindest bis zum 31. Dezember 2026 weitergezahlt wird. Diese Zulage beträgt bis zu 20 vom Hundert der jeweiligen Stufe 2.
V. Familienpaket
1. Elterntage
Neu vereinbart wurde ein zusätzlicher Freistellungsanspruch nach der Entbindung eines Kin- des. Bei Niederkunft der Ehefrau/der Lebenspartnerin nach dem Lebenspartnerschaftsge- setz erhalten Beschäftigte in den ersten acht Wochen nach der Entbindung der Mutter einen zusätzlichen Freistellungsanspruch von zwanzig Prozent der vereinbarten wöchentlichen Ar- beitszeit – und zwar bei voller Fortzahlung der Vergütung. Bei einem Vollzeitbeschäftigten entspricht dies einem Freistellungsanspruch von zusätzlich acht Arbeitstagen!
2. Zusätzliche Kindkranktage für privat versicherte Beschäftigte
Beschäftigte, die aufgrund eines privaten Krankenversicherungsvertrages keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld gemäß § 45 SGB V haben, hatten bisher nur einen tarifvertraglich in § 29 Abs. 1 e) bb TV-H vereinbarten Freistellungsanspruch von vier Arbeitstagen pro Kind und waren bisher gegenüber gesetzlich versicherten deutlich schlechter gestellt. Dieser Frei- stellungsanspruch wird nun auf sieben Arbeitstage pro Jahr und Kind erhöht, bei mehreren Kindern gedeckelt auf vierzehn Arbeitstage. Alleinerziehenden Beschäftigten wird zukünftig bis zu einer Dauer von vierzehn Arbeitstagen pro Kind, bei mehreren Kindern bis zu einer Dauer von 28 Arbeitstagen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung gewährt.
Beide Neuregelungen gelten ebenfalls ab dem 1. August 2022.
VI. Freizeit statt Entgelt
Weiter haben die Gewerkschaften eine zunächst bis zum 31.12.2024 zeitlich befristete Op- tion zugunsten der Beschäftigten vereinbart, einen Teil der derzeitigen Jahressonderzahlung in zwei zusätzliche freie Tage umzuwandeln und sich somit einen zusätzlichen zeitlichen Spielraum zu schaffen. Vorgesehen ist, dass Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis bereits im Januar eines Jahres bestanden hat, bis Ende September eines jeden Jahres einen ent- sprechenden Antrag bei Ihrem Dienstherrn stellen können. Die zusätzlichen freien Tage müssen dann innerhalb der nächsten zwölf Monate verbraucht werden. Die Jahressonder- zahlung wird dann um den Gegenwert der beiden Tage abgesenkt, der Restbetrag der Jah- ressonderzahlung an die Beschäftigten ausbezahlt.
VII. Erweiterte Arbeitszeitsouveränität für Beschäftigte
Zum Zweck der besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf können Beschäftigte auf Ihren Wunsch hin nun auch am Samstag arbeiten, wobei die regelmäßige fünf Tage Woche gewahrt bleibt. Die Samstagsarbeit soll möglichst durch Inanspruchnahme der mo- bilen Arbeitsform erfolgen. Im Falle der erwünschten Samstags-arbeit ist die Zahlung von Zeitzuschlägen nach § 8 Absatz 1 Satz 2 TV-H ausgeschlossen, nicht jedoch, wenn diese angeordnet wird.
VIII. Entgeltordnung Lehrkräfte
Im Rahmen der Tarifeinigung wurde für Hessen nun auch erstmals eine eigenständige tarif- liche Vollregelung für angestellte Lehrkräfte und die an den Schulen tätige Unterstützungs-
5
kräfte abgeschlossen. Die gefundene Tariflösung ist anders als der TV EntGO-L schulform- abhängig und differenziert insoweit auch materiell. Strukturell ist das Tarifwerk in sieben Ab- schnitte aufgeteilt, wobei in Unterabschnitten die gestuften Aus-bildungsniveaus für Unter- richtsfächer beziehungsweise für konkrete Verwendungen im Unterricht abgebildet werden. Ferner werden auch tarifliche Regelungen für die erforderlichen aufgabenbezogenen Ergän- zungstätigkeiten im Schulbereich insbesondere durch Assistenzen, Unterrichtshilfen sowie sozialpädagogische Mitarbeiter festgelegt. Der Förderschul- beziehungsweise der Haupt- und Realschulbereich wird zudem mittels eines Annäherungsverfahrens an das höhere Ein- gruppierungsniveau im gymnasialen Bereich herangeführt. Dieses beinhaltet, dass die be- stehende Differenz bei den Eingruppierungen zunächst durch eine Zulage (Anpassungszu- lage) schrittweise reduziert wird. Die Zulage wird der Höhe nach die Hälfte des stufenglei- chen Differenzbetrages zwischen den Entgeltgruppen betragen. Perspektivisch soll die Zu- lage schließlich die Differenz der Eingruppierung vollständig ausgleichen und Höhergruppie- rungen bewirken. Demgegenüber konnte für den Grundschulbereich sichergestellt werden, dass künftig auch die „besten Nichterfüller“ mit abgeschlossenem Lehramtsstudium, aber ohne absolvierten Vorbereitungsdienst, in die Entgeltgruppe 12 eingruppiert sind. Für den Fall, dass verbeamtete Lehrkräfte an Grundschulen in Hessen zukünftig aus der A 12 in die A 13 gehoben werden, konnte zudem ein Mechanismus vereinbart werden, dass diese mög- liche Entwicklung den tarifbeschäftigten Lehrkräften an den Grundschulen durch Höhergrup- pierungen ebenso zugutekommen wird. Die Entgeltordnung tritt zum 1. August 2022 in Kraft.
VIII. Für die Beschäftigten bei Hessen Mobil
Konkret zugesagt ist die Aufnahme von Verhandlungen zur Verbesserung der Eingruppie- rungsregelungen im Straßenbau und Straßenbetriebsdienst im ersten Halbjahr 2022!
Besitzstände aus dem Tarifvertrag zu § 73 MTL II bleiben erhalten
Die Besitzstände aus dem Tarifvertrag zu § 73 MTL II für die seit dem 29. Februar 1996 in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis stehenden Arbeiterinnen und Arbeiter des Lan- des Hessen, deren Arbeitsverhältnis beim Inkrafttreten des TV-H fortbesteht, wurden bis 30. Juni 2024 verlängert, längstens aber bis zum Inkrafttreten einer Entgeltordnung mit einer etwaigen Neuregelung der Tätigkeitsmerkmale der oben genannten Eingruppierungsrege- lungen. Der Besitzstand wird im Rahmen der Verhandlungen zur Entgeltordnung damit noch- mals mit verhandelt.
IX. Tarifvertrag Digitalisierung und Rahmenregelung zur mobilen Arbeit
Als Meilenstein zur Absicherung der Beschäftigten im Rahmen des digitalen Wandels und seiner Auswirkungen auf die Arbeitswelt ist es dem dbb gelungen, mit dem Land eine tarifli- che Regelung zur Digitalisierung abzuschließen, die den mit dem Bund gefundenen Rege- lungen weitgehend entspricht. Beschäftigte erhalten für den Fall einer wesentlichen Ände- rung der Arbeitsbedingungen infolge von Digitalisierungsmaßnahmen einen konkreten und umfassenden Anspruch auf Qualifizierung. Die Kosten derselben werden vom Arbeitgeber getragen. Ferner sind Ansprüche auf Arbeitsplatz- und Entgeltsicherung sowie Mobilitätshil- fen verankert worden. Die Regelungen zum besonderen Kündigungsschutz und Abfindungs- zahlungen nach dem Tarifvertrag über Rationalisierungsschutz für Arbeiter und Angestellte gelten parallel zu dieser neuen tariflichen Regelung weiter.
Weiterer wichtiger Baustein ist eine tarifliche Regelung zur mobilen Arbeit, die einen grund- sätzliche Berechtigung der Beschäftigten statuiert, mobil zu arbeiten. Die konkrete Umset- zung der jeweiligen Regelung ist in den jeweiligen Dienststellen mittels Dienstvereinbarung umzusetzen. Der Tarifvertrag stellt insoweit einen Rahmen, gibt Mindestinhalte für die Dienstvereinbarungen vor und schafft damit Rechtssicherheit für die Betriebsparteien und Beschäftigte. Beide Regelungen treten zum 1. Januar 2022 in Kraft.
X. Digitales schwarzes Brett für Gewerkschaften
Erstmals ist es gelungen, ein Nutzungsrecht der arbeitgeberseitig vorgehaltenen Informa- tionsinfrastruktur zugunsten der Gewerkschaften zu vereinbaren. Hier ist die Schaffung ei- nes „digitales schwarzen Brettes“ vereinbart worden, über das die Gewerkschaften die Start- seite Ihrer Homepage verlinken können.
XI. Hessen-Ticket bleibt weiter erhalten
Auch für die Laufzeit des nunmehr abgeschlossenen Tarifvertrags wird den hessischen Lan- desbeschäftigten das sogenannte Hessen-Ticket weiter zur Verfügung gestellt. Dass dies auf das Gesamtvolumen des Tarifvertrags angerechnet wird, hat der dbb erfolgreich verhin- dert.
XII. „Hochschulpaket“
Eine tarifvertragliche Regelung der Arbeitsbedingungen für studentische Hilfskräfte an den hessischen Hochschulen konnte aufgrund der entgegenstehende Tarifsperre des Wissen- schaftszeitvertragsgesetzes nicht vereinbart werden. Dennoch haben die Gewerkschaften erreicht, dass der seitens Hochschulen, dem HMWK unter anderem mit dem Hauptperso- nalrat ausgehandelten „Kodex gute Arbeit“ Eingang in das Einigungspapier gefunden hat. Das HMWK und die hessischen Hochschulen verpflichten sich darin, für studentische Hilfs- kräfte beginnend ab dem Sommersemester 2022 einen Mindeststundenlohn von 12 EUR für zu zahlen. Zugesagt worden ist ferner, dass dieser Mindeststundenlohn zukünftig zeit- und inhaltsgleich an den allgemeinen Entgeltanpassungen für den öffentlichen Dienst des Lan- des Hessen (TV-H) oder die an den Hochschulen anwendbaren entsprechenden Tarifver- trägen teilnehmen. Dieses Ergebnis ist im Einigungspapier festgehalten worden.
XIII. Übertragung auf die Beamten und Versorgungsempfänger
Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass die in diesem Eckpunktepapier vereinbar- ten linearen Einkommensverbesserungen auf Besoldung und Versorgung durch den Ge- setzgeber auch auf die Beamtinnen und Beamten sowie die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zeitgleich und systemgerecht übertragen werden, ferner die Übertragung der Regelungen zu Ziffer I. 4 der Corona-Sonderzahlungen auf die Besoldung durch den Gesetzgeber erfolgen sollen.
Die Tarifvertragsparteien habe eine Erklärungsfrist bis zum 15. November 2021 vereinbart.
Vorbemerkungen zur Tarifrunde vom März 2019:
Mit dem Tarifabschluss zum TV-H vom März 2017 lag Hessen angesichts des hinzugekommenen stufengleichen Aufstiegs und des hinzugekommenen Hessentickets im Zusammenwirken mit der Kinderzulage im Vergleich zu TVöD und TV-L vorn.
Zwar gibt es den stufengleichen Aufstieg zwischenzeitlich auch im TVöD, während er in der TdL auch in der Einkommensrunde 2019 nicht realisiert werden konnte.
Durch das tatkräftige Zusammenwirken des dbb beamtenbund und tarifunion Bund mit dem Tarifausschuss des dbb Hessen ist es im März 2019 in Dietzenbach in harten und zähen Verhandlungen gelungen, den neuen TV-H nominal auf dem Niveau von TVöD und TV-L abzuschließen. Damit hebt sich auch der neue TV-H durch die Kombination von stufengleichem Aufstieg, Kinderzulage und Hessenticket erneut positiv ab.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst in Hessen müssen an der allgemeinen Einkommensentwicklung angemessen teilhaben und die Attraktivität der Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer muss gesteigert werden
Im öffentlichen Dienst und im privaten Dienstleistungssektor leisten Tarifbeschäftigte hervorragende Arbeit. Ihre Aufgaben sind dabei so vielfältig wie die Dienstleistungen, die beim Bund, in den Ländern und Kommunen sowie in Unternehmen und Betrieben zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen und Gewinn erbracht werden. Manche dieser Aufgaben sind dem ständigen Wandel technologischer Möglichkeiten sowie aktuellen gesellschaftspolitischen Anforderungen unterworfen, während andere statisch und seit Jahren nahezu unverändert geblieben sind. Bei aller Vielfalt ist jedoch festzustellen, dass sich für dieselben Tätigkeiten je nach Arbeitgeber unterschiedliche Eingruppierungen beziehungsweise Wertigkeiten der Arbeit sowie Aufstiegsperspektiven und damit verbundene unterschiedliche Erwerbseinkommen ergeben. Dieser Befund kann tarifpolitisch nicht hingenommen werden.
Vielmehr kann ein moderner und attraktiver Arbeitgeber in diesem Wettbewerb vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und einem allgemeinen Mangel an Fachkräften nur bestehen, wenn er als öffentlicher Dienst insgesamt Eingruppierungsregelungen und letztlich Entgeltsysteme vorzuweisen hat, die am Arbeitsmarkt als wettbewerbsfähig wahrgenommen werden. In dieser Arbeitsmarktlage sind punktuell wirksame außertarifliche Zulagen im Binnenwettbewerb des öffentlichen Dienstes kein erfolgversprechender Ansatz, um im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft rare Fachkräfte zu gewinnen. Verlangt wird vielmehr ein ganzheitlicher personalpolitischer und personalwirtschaftlicher Ansatz zur Stärkung des öffentlichen Dienstes. Dies muss sich ebenso für Einsteiger darstellen wie Leitmotiv für die berufliche Entwicklung in einer dauerhaft erfüllenden Beschäftigung im öffentlichen Dienst sein.
Zu einer vielfaltgerechten Personalgewinnung ist daher erforderlich, den Grundsatz gleicher Bezahlung für gleiche Tätigkeiten im Eingruppierungsrecht und damit Gleichbehandlung herzustellen. Dazu sind die zum Teil diversifizierten Wertigkeiten gleicher Tätigkeiten in den unterschiedlichen Eingruppierungssystemen des öffentlichen Dienstes stärker zu synchronisieren.
Keine sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge mehr
Der öffentliche Dienst ist kein kurzlebiges Projekt, sondern unabdingbare und kontinuierliche Basis für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Dafür brauchen wir Kontinuität und Erfahrung. Das wird aktuell daran deutlich, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland den öffentlichen Dienst für überfordert hält.
Daher ist es von besonderer Bedeutung, dass die Menschen, die sich für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst entscheiden, ein hohes Maß an Verlässlichkeit haben und sich auf eine langjährige Tätigkeit dort einstellen können.
Deshalb ist unsere Forderung nach tariflichem Ausschluss sachgrundloser Befristung ein gutes Mittel, mehr Kontinuität und Erfahrung im öffentlichen Dienst zu halten.
Auszubildende müssen übernommen werden
Die Jugend ist mobil und engagiert. Das bedeutet zweierlei: Mit hochmotivierten und engagierten Kräften sind die Herausforderungen des Landes auch in Zukunft besser zu meistern. Richtig ist aber auch: Wenn wir dieser Jugend im öffentlichen Dienst nichts bieten, dann sind die jungen Leute mobil genug, woanders ihr Glück zu finden. Mit dem kostbaren „Rohstoff“ gut ausgebildeter und engagierter junger Menschen geht der öffentliche Dienst noch immer viel zu sorglos um. Die Auszubildenden müssen nach ihrer Ausbildung eine Perspektive haben und eine Übernahme nach der Ausbildung muss garantiert sein, nur so kann das Land den momentanen Personalmangel und die Gewinnung von Fachkräften besser lösen. Ein weiterer Aspekt für die dauerhafte Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis ist das in vielen Bereichen zu hohe Durchschnittsalter der Beschäftigten. Mit der Übernahme in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse wird zum einen der Altersdurchschnitt in der Belegschaft gesenkt und die älteren Kolleginnen und Kollegen können ihr Fachwissen an die übernommenen Auszubildenden weitergeben, anders als bei Einstellungen, die erst erfolgen, wenn eine Stelle frei geworden ist.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern
Beruf und Familie vereinbaren zu können, wünschen sich heutzutage viele Frauen – und auch Männer. Die Vorstellung, nach der Erfüllung eines Kinderwunsches bald wieder in das Berufsleben zurückkehren zu können, scheitert viel zu häufig an der Realität. Unflexible Arbeitszeiten und ein Kinderbetreuungssystem, das zu teuer und lückenhaft ist, legen Steine in den einst geplanten Weg. Vor allem viele Frauen sehen sich in der Misere, sich zwischen Kind und Karriere entscheiden zu müssen, weil die Umstände ein Verwirklichen beider Lebensziele nicht zulassen. In der Pflicht, diese Umstände zu ändern, stehen gleichermaßen Arbeitgeber und Staat. Erstere müssen es Beschäftigten, die in Erziehungsverantwortung stehen – Müttern wie Vätern – ermöglichen, familienbedingte Pausen einzulegen und anschließend in ihrem vorherigen Beruf wieder Fuß zu fassen. Dabei müssen die Arbeitgeber erkennen, dass Erziehungszeiten nicht etwa ein Makel sind, sondern die Betroffenen in Sachen Sozialkompetenz, Belastbarkeit oder Teamfähigkeit enorm gefordert und gefördert haben. Doch nicht nur diese Fähigkeiten sollten die Arbeitgeber im Interesse aller nutzen. Wir können es uns nicht länger leisten, hervorragende weibliche Kompetenzen brach liegen zu lassen.
Durch die Schaffung und Verbesserung flexibler Arbeitszeit- und Arbeitsmodelle können Eltern besser am Berufsleben teilnehmen und gleichzeitig ihren familiären Verpflichtungen nachkommen.
Unterbrechungen in der Erwerbstätigkeit, bzw. Teilzeitbeschäftigungen und flexible Arbeitszeitmodelle dürfen sich nicht negativ für die Betroffenen auswirken. Mütter und Väter dürfen durch sie nicht in ihrem beruflichen Fortkommen aufgehalten werden.
Die Entscheidung für oder gegen Kinder, für oder gegen Erziehungszeiten sollte nicht aufgrund von finanziellen Abwägungen getroffen werden müssen.
Reisezeiten in vollem Umfang als Arbeitszeit anerkennen
Ausführliche Regelungen über die Definition und Behandlung von Dienstreisen sucht man in vielen Gesetzen für den öffentlichen Dienst vergeblich. Die trügerische Vorstellung, dass in der öffentlichen Verwaltung ausschließlich am Schreibtisch gearbeitet wird, darf nicht zu der falschen Annahme verleiten, dass die Beschäftigten zu Dienstreisen nicht verpflichtet seien.
Grundsätzlich sind Reisezeiten zu einer externen Arbeitsstätte während der regulären Arbeitszeit immer auch Arbeitszeiten, denn der Arbeitgeber übt in diesem Fall sein Direktionsrecht aus und verfügt dadurch über die Arbeitszeit seiner Beschäftigten. Für all‘ diejenigen, die mehr oder weniger oft Dienstreisen unternehmen müssen, kommt es deshalb primär darauf an, wie die auf der Dienstreise verbrachte Zeit zu behandeln und zu bewerten ist.
Deshalb sind Reisezeiten während der regulären Arbeitszeit auch als Arbeitszeit zu werten. Dauert die Dienstreise länger als die dienstplanmäßige Arbeitszeit, dürfte dies als unstreitig gelten, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten anweist, den Reiseweg selbst mit dem Auto zu fahren, da allein die aktive Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zu einer Belastung des Beschäftigten führt.
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht Reisezeiten, bei denen die Nutzung der Zeit dem Reisenden frei vorbehalten bleibt, nicht generell als Arbeitszeit eingestuft. Soweit es den Betroffenen selbst überlassen bleibt, ob sie etwa bei der Benutzung der Bahn dösen, Zeitung lesen oder Musik hören, kann daher eine Betrachtung der Reisezeit als „Freizeit“ naheliegen. Sofern aber während der Bahnfahrt der Termin vor- bzw. nachbereitet, E-Mails bearbeitet oder die sich sonst auf dem Schreibtisch stapelnde Fachliteratur durchgesehen wird, liegt die Wertung der Reisezeit als Arbeitszeit auch bei der Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels auf der Hand.
Bei einer Reisetätigkeit insbesondere zu Fortbildungsmaßnahmen sollten die Regelungen des TV-H hinsichtlich „Reisezeit ist keine Arbeitszeit“ gerade bei Reisetätigkeiten mit einem Dienstfahrzeug überarbeitet werden. Es ist nicht nachvollziehbar wieso das Führen eines Dienstfahrzeuges oder sonstigen Fahrzeugen keine Arbeitszeit sein soll.
Kinderzulage nach § 23 a TV-H unabhängig vom Beschäftigungsumfang zahlen
Unsere Landesregierung hat in einer Regierungserklärung klar geäußert, dass sich niemand in Hessen um seinen Arbeitsplatz sorgen muss, nur weil er Kinder erzieht. Die Einführung des § 23a im TV-H haben wir sehr begrüßt. Auch die Ergänzung, dass bei Erziehungszeiten die Laufzeit des Stufenaufstieges nicht mehr unterbrochen wird, findet unsere Zustimmung und zeigt auf, dass die Hessische Landesregierung das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie ernst nimmt. Aber gerade unter den vorgenannten Gesichtspunkten ist der § 23a und der § 24 Abs. 2 TV-H nicht mehr zeitgemäß.
Denn in § 23a TV-H wird die Gewährung einer Kinderzulage als sonstiger Entgeltbestandteil geregelt. Die Kinderzulage soll, neben dem Kindergeld, die besonderen Aufwendungen durch die Geburt abdecken und die Attraktivität des Landes als familienfreundlicher Arbeitgeber steigern. Der soziale Aspekt steht hierbei noch vor dem monetären Aspekt.
In § 24 TV-H wird jedoch die Berechnung und Auszahlung des Entgelts entsprechend geregelt. Der Absatz 2 des § 24 TV-H ist die maßgebliche Stelle, welche geändert werden muss.
Dort heißt es: „Soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anders geregelt ist, erhalten Teilzeitbeschäftigte das Tabellenentgelt (§ 15) und alle sonstigen Entgeltbestandteile in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht.“
Im Hinblick auf die zusätzlichen, insbesondere auch monetären Belastungen, welche der Familienzuwachs mit sich bringt, ist es nicht verständlich, warum bei einer Reduzierung der Stundenzahl gleichzeitig eine Reduzierung der Belastungen durch den Nachwuchs einhergeht. Eine Entgeltminderung, welche hauptsächlich durch die Notwendigkeit der Kinderbetreuung einhergeht, sollte nicht automatisch zu einer Reduzierung der Zulage führen, die eben genau diese Minderung ausgleichen soll. Das Signal, dass der Arbeitgeber an seine Beschäftigten sendet, ist nur sehr schwer mit dem Anspruch in Einklang zu bringen, als familienfreundlicher Arbeitgeber zu gelten.
Tarifverhandlungen mit der Forderung nach einem Mindestbetrag führen
Die lineare Tariferhöhung um einen bestimmten Prozentsatz muss auch einen Mindestbetrag in Euro erreichen. Sollte sich diese Kombination als Tarifergebnis durchsetzen, greift der Mindestbetrag, solange dieser höher ist als die prozentuale Tariferhöhung. Mit einem maßvollen Mindestbetrag werden die unteren Entgeltgruppen begünstigt, da diese bei einer allein prozentualen Erhöhung diesen Mindestbetrag in Euro nicht erreichen würden. Diese Forderung muss also beibehalten und fortgeführt werden, denn für die unteren Lohngruppen ist es die einzige Möglichkeit, die Gehaltsschere nicht weiter aufgehen zu lassen.
Regelmäßige Gespräche zur Tarifpflege unter Beteiligung des Tarifausschusses des dbb Hessen
Die Tarifparteien haben sich bei der Einführung des TV-H darauf verständigt, Gespräche zur Tarifpflege aufzunehmen. Sinn dieser Verständigung ist es, etwaige Unzulänglichkeiten bei der Umsetzung des TV-H zu erkennen und zu beseitigen. Solche Tarifgespräche wurden bei der Einführung des TV-H im Jahr 2010 zwar vereinbart, aber bis zum heutigen Datum fanden solch Gespräche nicht statt, da die Arbeitgeberseiten dies nicht für notwendig hielten. Deshalb untermauern wir unsere Forderung zur Einhaltung der Vereinbarung.
Hessen soll in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zurückkehren, wenn dies unter Wahrung der im TV-H enthaltenen, günstigeren Regelungen umsetzbar ist
Die Forderung nach Rückkehr des Landes Hessen in die TdL steht aber nach wie vor auf der Agenda. Denn es ist grundsätzlich nicht sinnvoll, in einem Bundesland separate Verhandlungen zu führen, nachdem zuvor in Bund, Kommunen und allen anderen Bundesländern bereits verhandelt wurde.
Aufgrund der eingangs beschriebenen Situation muss zwischenzeitlich aber hinzugefügt werden, dass eine Rückkehr in die TdL natürlich nur unter Wahrung der bereits erzielten günstigeren Besitzstände im TV-H geschehen kann.
Der dbb Hessen setzt sich dafür ein, dass
- die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst in Hessen an der allgemeinen Einkommensentwicklung angemessen teilhaben und die Attraktivität der Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesteigert wird
- keine sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge mehr geschlossen werden
- Auszubildende übernommen werden
- die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessert wird
- Reisezeiten in vollem Umfang als Arbeitszeit anerkannt werden
- die Kinderzulage nach § 23 a TV-H unabhängig vom Beschäftigungsumfang gezahlt wird
- bei Tarifverhandlungen die Forderung nach einem Mindestbetrag beibehalten wird
- die Gespräche zur Tarifpflege unter Beteiligung des Tarifausschusses regelmäßig durchgeführt werden.
- Hessen in die TdL zurückkehrt, wenn dies unter Wahrung der im TV-H enthaltenen günstigeren Regelungen umsetzbar ist.
Hessen gestalten – nur mit uns!