Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung

Der dbb Hessen fordert im Hinblick auf die Digitalisierung grundsätzlich echten Innovationsgeist auf Landesebene, wie auch national, und wird den Veränderungsprozess gemeinsam mit den Personalvertretungen konstruktiv begleiten. 

Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung kann nur gemeinsam mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst – und nicht an ihnen vorbei – gelingen, da diese ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind.

Dazu müssen aus Sicht des dbb Hessen verschiedene Rahmenbedingungen geschaffen werden:

Positionspapier Homeoffice

Positionspapier Homeoffice

Digitalisierung, Verwaltung 4.0, neue Arbeitswelten…

Begriffe, die wir in den vergangenen Jahren immer häufiger gehört haben. 

Der dbb Hessen hat vor rund zwei Jahren ein Positionspapier zur Digitalisierung in der Landesverwaltung vorgestellt.

Wenn es darum geht, die Dienstleistungen der Verwaltung für unsere Bürgerinnen und Bürger alsbald zumindest zu einem großen Anteil auch in digitaler Form anzubieten, dann muss das in einem gewissen Rahmen geschehen und die Beschäftigten müssen dabei mitgenommen werden.

Wir als dbb Hessen vertreten die Auffassung, dass -bei sinnvoller Gestaltung der Digitalisierung- die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Verwaltung mit den Beschäftigten profitieren können.

Staatliche Dienstleistungen können schneller und bequemer erlangt werden, Beschäftigte in der Verwaltung können flexibler Arbeiten und Beruf, Karriere und Familie besser miteinander vereinbaren, wenn sie nicht jeden Arbeitstag gezwungen sind, zu vorgegebenen festen Zeiten an den Arbeitsplatz zu pendeln.

Im vergangenen Jahr hat das Arbeiten von zu Hause im Zuge der Pandemie einen enormen Schub erfahren.

Diese Entwicklung wollen wir beibehalten, diesen Schwung wollen wir mitnehmen und neben den herkömmlichen Arbeitsformen vor allem das Homeoffice als eine Form des flexiblen Arbeitens weiter gefördert wissen.

Hierzu stellen wir Ihnen nun also unser neues Positionspapier vor, das auf wichtige Aspekte des Homeoffice hinweist, Probleme darstellt, unsere Forderungen und Lösungsvorschläge gegenüber der Politik und den Behördenleitungen aufzeigt und nicht zuletzt auch als Orientierung für die Arbeit in den Personalvertretungen dienen soll.

In die Digitalisierung investieren!

Für die praktische Umsetzung der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung müssen die notwendigen sachlichen und personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes ist kein IT-Projekt, sondern ein umfassender Transformationsprozess, der als solcher verstanden und gesteuert werden muss. Hierzu muss die Notwendigkeit von der Politik erkannt werden und der politische Wille auf allen Ebenen vorhanden sein.

Dieser Veränderungsprozess kann nur gelingen, wenn die erforderlichen Ressourcen dazu von der Politik zur Verfügung gestellt werden. Dabei darf nicht davon ausgegangen werden, dass die Digitalisierung insgesamt zu Kosteneinsparungen führen wird. 

Die zusätzlichen Sach- und Personalkosten, die durch die digitale Infrastruktur sowie die Entwicklung, Pflege und den Betrieb der IT-Lösungen entstehen, sind derzeit noch nicht absehbar. Tatsächlich ist in der Umsetzungsphase sogar mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen. Der Umbau wird nicht zu Personaleinsparungen führen (können), es handelt sich um einen Transformationsprozess der Arbeit, nicht um Rationalisierung. Es wird sich vieles ändern, aber es wird nicht weniger Arbeit werden, vielmehr werden neue Arbeitsfelder entstehen, die erledigt werden müssen. Die in weiten Teilen des Öffentlichen Dienstes schon jetzt angespannte Personallage wird durch Digitalisierung per se nicht entlastet werden!

Die Kosten der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen dürfen nicht nur bezogen auf das Einsparpotential innerhalb der Verwaltung, sondern gesamtwirtschaftlich betrachtet werden. Denn durch die Vereinfachung und Beschleunigung von Verwaltungsprozessen können insbesondere für Unternehmen wirtschaftliche Vorteile entstehen. Ein digitaler und effizienter öffentlicher Dienst kann deshalb ein deutlicher Standortvorteil sein.

Dazu muss die Digitalisierung aber auch „gut gemacht“ sein. Eine wesentliche Verantwortung trägt hier in Hessen der Landesdienstleister, die Hessische Zentrale für Datenverarbeitung (HZD). Diese muss entsprechend finanziell und personell ausgestattet werden, um die zunehmende Digitalisierung technisch unterstützen zu können. Dort wo die HZD die Anforderungen der Dienststellen nicht in angemessener Qualität, Umfang und Zeit erfüllen kann, muss auf vorhandene gute Lösungen und Anbieter am freien Markt zurückgegriffen werden. Die Kosten dürfen hier nicht das einzige Entscheidungskriterium sein. 

Investitionen sind dabei insgesamt nicht nur in die IT-Lösungen notwendig, sondern vor allem auch in die Gewinnung sowie Aus- und Fortbildung des Personals in den Dienststellen, das die Digitalisierung gestalten und umsetzen muss. Dies kann nicht überwiegend durch externe Beratungsunternehmen übernommen werden. Vielmehr muss der Veränderungsprozess maßgeblich von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen aus der Landesverwaltung gesteuert werden. Externe Beratung kann nur eine begleitende und unterstützende Funktion haben.

Wenn diese erforderlichen sachlichen und personellen Ressourcen nicht bereit gestellt werden, wird lediglich ein Flickenteppich an halbgaren Lösungen entstehen, die weder die Ansprüche von Bürgern und Unternehmen an den öffentlichen Dienst erfüllen, noch zu verbesserten Prozessen und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten führen.

Chancen der Digitalisierung nutzen!

Die Digitalisierung muss zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten führen.

Im öffentlichen Dienst sind vielfältige und unterschiedlichste Arbeitsumfelder und Arbeitsbedingungen anzutreffen. Dabei muss die Ausstattung der Feuerwehren, der Polizisten, der Sachbearbeiter in den Verwaltungen, etc. ebenso betrachtet werden, wie die den Bürgern zur Verfügung gestellten Angebote des Staates. Außendiensttätigkeiten sind ebenso anzutreffen wie Reisetätigkeiten. Kurz: Die Aufgaben und Angebote des öffentlichen Dienstes sind bunt und vielfältig. Ebenso vielfältig, wie auch unterschiedlich wird sich die Digitalisierung auf den öffentlichen Dienst auswirken.

So sind heute schon vielfach vollkommen andere Arbeitsanforderungen an die Beschäftigten zu stellen, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. Offenkundig dabei ist auch, dass sich die Kompetenzen rasant mitverändern mussten. Gleichzeitig ist es erforderlich, dass sich die entsprechenden Rahmenbedingungen ebenso mit entwickeln, dies jedoch bisher nicht in dem erforderlichen Umfang getan haben.

Nur wer die richtige Ausstattung zur Erfüllung seiner Aufgabe zur Verfügung hat, kann die an ihn gestellte Aufgabe auch angemessen und richtig erfüllen.

Es muss also das Anliegen aller Betroffenen sein, rechtzeitig und ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, die es dem Staat erlauben, manchmal auch kurzfristig, auf digitale Entwicklungen zu reagieren. Dazu gehört z.B. neben ausreichenden Leitungs- und Speicherkapazitäten auch die jeweils individuelle technische Ausstattung der Beschäftigten, entsprechend der an sie gestellten Anforderungen. 

Dabei besteht gleichzeitig die Chance mit hervorragender Soft- und Hardware- Ausstattung Staatsaufgaben besser zu vernetzen, Bürgern zusätzliche Leistungen digital zur Verfügung zu stellen, und die Aufgaben insgesamt zu optimieren. Dazu müssen IT-Anwendungen so gestaltet werden, dass sie auch für die Beschäftigten, die damit arbeiten müssen, einen Nutzen haben und die Arbeit erleichtern. 

Im Zuge der Digitalisierung neu gewonnene Möglichkeiten der Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Pflege können unter diesem Gesichtspunkt zu einer Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes führen und damit eine echte Attraktivitätssteigerung der einzelnen Berufsbilder zur Folge haben

All die genannten Anforderungen bieten aus Sicht des dbb Hessen gleichzeitig viele Chancen, die es zu nutzen gilt. 

Die Personalvertretungen sind hier wichtige Partner bei der Digitalisierung. Deshalb müssen diese frühzeitig und umfassend in die Veränderungsprozesse eingebunden werden. Dabei sollten Personalvertretungen als hilfreiche Berater und wichtige Stakeholder gesehen werden.

Risiken der Digitalisierung vermindern!

Die Digitalisierung muss für die Beschäftigten körperlich und psychisch gesund gestaltet werden.

Durch den demographischen Faktor und andere Anforderungen, werden sich in den nächsten Jahren viele Arbeitsbereiche in den Behörden und Ämtern verändern. Dies wird durch den verstärkten Einsatz von standardisierten EDV- gestützten Maßnahmen gefördert werden. Hierbei ist der Veränderungsprozess wertschätzend zu gestalten und darauf zu achten, dass für die vorhandenen Beschäftigten amtsangemessene Arbeitsplätze erhalten bleiben und kein Beschäftigter im öffentlichen Dienst Angst vor Entlassung und Einkommensverlust haben muss. 

Gleichzeitig ist die Digitalisierung mit Augenmaß umzusetzen, sodass weiterhin Arbeitsplätze für geringer qualifizierte oder schwerbehinderte Menschen in der Verwaltung vorhanden bleiben und der Staat hier seine Vorbildfunktion und besondere Rolle innerhalb des Arbeitsmarktes erfüllt.

Die Arbeitsplätze werden sich durch die Digitalisierung verändern. Nutzer werden viele „Produkte“ von Behörden über das Internet aufrufen und beantragen können. Ein direktes Aufsuchen einer Behörde wird daher in den meisten Fällen nicht mehr erforderlich sein. Zudem verändert sich die Erwartungshaltung an die Reaktionszeiten der Behörden. Dies führt zu wachsendem Zeitdruck und einem Wandel in der Nutzung der digitalen Arbeitsmittel durch die Beschäftigten.

Der verstärkte Einsatz der digitalen Arbeitsmittel darf nicht zu neuen Belastungen der Beschäftigten führen. Dies gilt sowohl für psychische Belastungen als auch für die Arbeitsplatzergonomie bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen, wo auch immer diese in einer digitalen Welt sein mögen.

Hier ist in besonderem Maße die Arbeitsmedizin gefordert, die notwendigen Regeln für die Gestaltung von digitalen Arbeitsplätzen zu fördern und deren Einhaltung zu überwachen.

Für die Arbeitgeber/Dienstherren gilt es, den Herausforderungen der Digitalisierung mit der Anpassung der erforderlichen Arbeitsmittel, der notwendigen Bereitstellung von Ressourcen zur Gesunderhaltung, zu der auch eine Anpassung der Gefährdungsbeurteilungen der Beschäftigten gehört, zu begegnen.

Kompetenzen der Beschäftigten stärken!

Für die Digitalisierung müssen die notwendigen Kompetenzen aller Beschäftigten vermittelt und gestärkt werden.

Die Digitalisierung verändert zunehmend die Arbeitsprozesse und Arbeitsinhalte im öffentlichen Dienst, wodurch sich auch die Anforderungen an die Beschäftigten verändern. Dies wirkt sich sowohl auf diejenigen aus, die die Digitalisierung aktiv gestalten und steuern, als auch auf Führungskräfte und insgesamt nahezu alle Beschäftigten. 

Auch die Steuerung der Veränderungsprozesse erfordert umfassende Managementkompetenzen, z. B. in den Bereichen Projektmanagement, Prozesssteuerung, Organisationsentwicklung und Veränderungsmanagement. Hierzu gibt es entsprechende Weiterbildungen und Studiengänge, die im Rahmen der Personalentwicklung verstärkt unterstützt werden sollten. Entsprechende Studiengänge müssen deshalb künftig in diesem Zusammenhang forciert werden. Der wachsende Personalbedarf im IT-Bereich kann nur gedeckt werden, wenn dort verstärkt selbst ausgebildet wird, z. B. Fachinformatiker/innen oder Studierende im dualen Studiengang Verwaltungsinformatik. 

Die Führungskräfte spielen bei der Digitalisierung eine entscheidende Rolle und müssen dementsprechend ebenfalls fortgebildet werden. Neben der Begleitung und Mitgestaltung der Veränderungen müssen diese vor allem lernen, wie Führung bei zunehmend örtlich und zeitlich flexibel arbeitenden Beschäftigten gestaltet werden und gelingen kann. 

Aber auch von nahezu allen Beschäftigten werden veränderte und erweiterte Kompetenzen verlangt. Ausschließlich das notwendige Fachwissen zu vermitteln und in Fortbildungsmaßnahmen zu erweitern wird nicht mehr ausreichen. Vielmehr wird es erforderlich sein, den Umgang mit den digitalen Medien grundsätzlich zu schulen und gleichzeitig die Fähigkeiten zu vermitteln an der fortschreitenden Entwicklung der digitalen Umwelt teilzuhaben. Dies muss bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung berücksichtigt werden. Hierzu sind die entsprechenden finanziellen Mittel und zeitlichen Freiräume während der Arbeitszeit bereit zu stellen.

Auch die Ausbildungs- und Studiengänge im öffentlichen Dienst müssen diese veränderten Anforderungen berücksichtigen. Die Studiengänge an den landeseigenen Hochschulen müssen deshalb verstärkt Kompetenzen und Wissen vermitteln, die im Zuge der Digitalisierung gebraucht werden. Die Studien- und Prüfungsordnungen müssen entsprechend angepasst werden.

Nur mit kompetenten Beschäftigten kann die Digitalisierung nachhaltig gelingen. Trotz aller technischen Unterstützung wird auch weiterhin gut und zeitgemäß ausgebildetes Personal die wichtigste Ressource im öffentlichen Dienst sein, da hier nicht nur Daten verwaltet, sondern Dienst am Menschen geleistet wird. 

Erhöhte Anforderungen berücksichtigen!

Die erhöhten Anforderungen durch die Digitalisierung müssen sich in Personalentwicklungsmöglichkeiten und besserer Bezahlung für die Beschäftigten wiederspiegeln.

Sämtliche Veränderungen im „Arbeits“-Leben verunsichern und verängstigen Menschen. Andererseits sind Veränderungen so sicher wie das Amen in der Kirche; nur durch Veränderungen haben wir uns weiterentwickelt.

Auf dem Weg ins Digitalisierungszeitalter werden wohl massive Veränderungen auf die Menschen, auf die Mitarbeiter in den Behörden und den Ämtern zukommen, die Arbeitsrealität wird sich rasch und nachhaltiger denn je verändern. Gleichwohl kann trotz eines Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) im öffentlichen Dienst ganz gewiss davon ausgegangen werden, dass dies die Menschen nicht vollends ersetzen kann und wird. Die seitherigen Arbeitsfelder/Berufsbilder werden sich aber stark verändern, andere Tätigkeiten und Berufe werden entstehen.

Die Arbeitsverdichtungen, die Arbeitsintensität und die künftigen Tätigkeiten werden Menschen mehr denn je abverlangen. Dies muss sich auch in der Aufwertung von Arbeits- und Dienstposten sowie entsprechenden Personalentwicklungsperspektiven wiederspiegeln.

Da die Beschäftigten im öffentlichen Dienst stets Dienst für die Bürgerinnen und Bürger erbringen, muss die Motivation von Staatsdienern auch im Digitalisierungszeitalter erhalten, vielmehr ausgebaut – gesteigert werden.

Schon heute empfinden ganz viele erstklassig ausgebildete Tarifbeschäftigte und Beamte/innen sich von ihrem Dienstherrn finanziell zurückgesetzt, nicht wertgeschätzt.

Die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes wird in ganz vielen Verwaltungsberufen unter Einbeziehung der Fachkräftenachfrage mittel- und langfristig stark beeinträchtigt sein, Schlagseite haben.

Insofern ist es notwendig, das Bezahlungsniveau in Hessen deutlich anzuheben. Das gilt für den Tarif-, wie für den Beamtenbereich. Die Vergütung und die Besoldung müssen den Gehältern der freien Wirtschaft viel stärker angenähert, ja angepasst werden.

Zudem halten wir es geboten, unter Beachtung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, dass nach vorne gerichtete Maßnahmen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Hessen aufgelegt werden.

Und die Beamtenbesoldung in Hessen muss sich an einem Spitzenbezahlungswert analog zum Bund und Bayern orientieren. Wer sich mit der ersten Länderliga vergleicht, muss sich auch bei Bezahlungsfragen hieran orientieren.

Als der Gewerkschaftsdachverband für den öffentlichen Dienst in Hessen möchten wir das Digitalisierungszeitalter im wohlverstandenen Bürgerinteresse proaktiv mit den Ressorts, den Verwaltungsverantwortlichen und der Politik gestalten.

Gestalten Sie den digitalen Fortschritt mit uns, dem dbb Hessen!
 

AG Digitalisierung des dbb beamtenbund und tarifunion Hessen, Frankfurt im November 2018