01. September 2021
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dbb Hessen-Pressemitteilung 17/2021

Tarifverhandlung für den öffentlichen Dienst in Hessen: Schwieriger Start

„Einen guten öffentlichen Dienst gibt es nicht im Sonderangebot“, mahnte dbb Tarifchef Volker Geyer nach dem Verhandlungsauftakt bei der hessischen Einkommensrunde.

Das hessische Innenministerium hatte kurz zuvor beim Start der Gespräche am 1. September 2021 kein Angebot für eine lineare Einkommenserhöhung im Landesdienst vorgelegt. Vielmehr bezeichnete Innenminister Beuth die gewerkschaftlichen Forderungen als „deutlich überzogen“.

Volker Geyer, der für den dbb die Verhandlungen führt, machte hingegen klar: „Angesichts der Umstände – Belastung durch die Corona-Pandemie, hohe Inflation und großer Fachkräftemangel – sind unserer Forderungen nach 5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 175 Euro, absolut gerechtfertigt. Wir werden in den kommenden Verhandlungen deutlich machen, dass Hessen selbst ein großes Interesse an einem innovativen, zukunftsweisenden Tarifabschluss haben muss – und gemeinsam können wir das auch hinbekommen.“

Auch der Vorsitzende des hessischen Tarifausschusses, Heinrich Rosskopf hält an den Forderungen fest. „Der öffentliche Dienst hat in der Pandemie gezeigt, dass man sich auf ihn verlassen kann. Deshalb ist die Forderung realistisch.“

Heini Schmitt, Vorsitzender des dbb Landesbundes in Hessen, hatte bereits vor dem Start die Forderungen für die Beamtinnen und Beamten von Land und Kommunen untermauerte: „Ein starker Tarifabschluss und dessen systemgerechte Übertragung auf die Besoldung und Versorgung sind unverzichtbare erste Schritte auf dem Weg zu einem fairen Miteinander. Es kann nicht sein, dass ein wirtschaftlich starkes Land wie Hessen immer wieder am öffentlichen Dienst spart. Egal ob Gesundheit, Bildung, Sicherheit, Verkehr oder einer der zahllosen anderen Bereiche der Daseinsvorsorge: Es muss jetzt investiert werden!“

Zum Auftakt der Einkommensrunde fünf Fragen an Heini Schmitt, den Vorsitzenden des dbb Hessen:

Die Einkommensrunde im öffentlichen Dienst beginnt – wer verhandelt mit wem für wen?

Es steht das Aushandeln von zwei neuen Tarifverträgen im öffentlichen Dienst in Deutschland an. Zum einen soll ein neuer Tarifvertrag verhandelt werden für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Bundesländern außer Hessen. Zum anderen soll separat für Hessen ein Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Landes ausgehandelt werden, weil Hessen aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ausgetreten ist.

Beide bisherigen Tarifverträge laufen am 30. September dieses Jahres aus. In den vergangenen Einkommensrunden war die zeitliche Abfolge jeweils so, dass der Tarifvertrag für die anderen Bundesländer außer Hessen zuerst, und mit einer Verzögerung von wenigen Wochen der Tarifvertrag für Hessen ausgehandelt wurden. In der nun bevorstehenden Einkommensrunde werden wir erstmals die Verhandlungen für den Tarifvertrag in Hessen vorziehen.

Die Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite der Tarifgemeinschaft deutscher Länder werden gemeinsam geführt von DBB und ver.di mit angeschlossenen Gewerkschaften.

Die Verhandlungen zum neuen hessischen Tarifvertrag mit dem Hess. Innenminister Peter Beuth werden gemeinsam geführt vom dbb, dem dbb Hessen und ver.di Hessen mit angeschlossenen Gewerkschaften.

Die Ergebnisse der jeweiligen Verhandlungen, also die neuen Tarifverträge, entfalten Wirkung für die für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Landesbehörden.

Wie sieht der Zeitplan aus?

In Hessen beginnen die Verhandlungen für einen neuen Tarifvertrag am 1. September. Derzeit ist es das Ziel, am 14. und 15. Oktober zu einem Abschluss zu kommen. Die Verhandlungen für die Beschäftigten in den anderen Bundesländern außer Hessen beginnen am 8. Oktober.

Hier wollen wir möglichst bis Ende November zu einem Abschluss kommen.

Welche Forderungen stellt der dbb?

Der dbb und ver.di mit angeschlossenen Gewerkschaften stellen für die Einkommensrunde der TdL im Wesentlichen die Forderung nach einer linearen Anpassung von 5 Prozent, mindestens aber von 175,- € mtl. Weitere separaten Einzelforderungen kommen hinzu.

Neben der linearen Einkommensforderung (beziehungsweise des Sockelbetrags) fordert der dbb weitere Verbesserungen für die Beschäftigten. Dazu gehören etwa die vollständige Anerkennung von Reisezeit als Arbeitszeit, die Dynamisierung der Kinderzulage sowie eine Absenkung der Regelarbeitszeit auf 39 Wochenstunden.

Ist im Extremfall auch ein Streik denkbar?

Im Zuge einer Tarifverhandlung ist natürlich immer auch ein Streik denkbar. Beide Seiten sind jedoch zunächst verpflichtet und auch bemüht, einen Streik zu vermeiden.

Nur wenn es selbst nach langwierigen Verhandlungen keinerlei akzeptable Angebote von der Arbeitgeberseite gibt, müssen sich Gewerkschaften letztlich auch damit beschäftigen, ob Streikmaßnahmen erforderlich werden, um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen.

Es ist mir wichtig, zu betonen, dass ein Streik bei allen möglichen unangenehmen Auswirkungen auch auf die Bürgerinnen und Bürger letztlich ein legitimes und mitunter eben auch das einzige Mittel ist, um für die Beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Ergebnis zu erstreiten, das sie in die Lage versetzt, die ständig steigenden Lebenshaltungskosten auch weiterhin bestreiten zu können.

Gelten die erstrittenen Ergebnisse auch für Beamte?

Rein formal gelten die ausgehandelten Ergebnisse bei einer Tarifverhandlung nur für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Höhe der Besoldung von Beamtinnen und Beamten und die Höhe der Versorgungsbezüge von Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfängern wird nicht in Tarifverhandlungen, sondern per Gesetz geregelt.

Da natürlich auch Beamte und Versorgungsempfänger gemäß unserer Verfassung ein Recht haben, an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilzuhaben, war es in den vergangenen Jahren eine Standardforderung von uns, die Tarifergebnisse zeit- und wirkungsgleich auf Besoldung und Versorgung zu übertragen. Diese Forderung erheben wir auch dieses Mal.

Die Gesetzgebung zu einer insgesamt verfassungsgemäßen Alimentation in Hessen anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anhand des noch ausstehenden Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zu unserer Klage möchten wir gesondert behandeln. Dies würde die Einkommensrunde sicher überfrachten. Außerdem hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof ja noch nicht entschieden.

Tarifverhandlung für den öffentlichen Dienst in Hessen: Schwieriger Start

Andreas Nöthen
Pressesprecher, presse(at)dbbhessen.de, Tel. +49 170 733 55 11