28. April 2020
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dbb Hessen

Politik muss auch wieder an Zeit nach der Pandemie denken und Parlamente wieder einbeziehen

Ein Nachtragshaushalt in Milliardenhöhe, schnelle Soforthilfe, Kurzarbeit, Überbrückungskredite – die Bundesregierung und Landesregierung von Hessen tun momentan alles, um die Folgen der Coronakrise abzumildern; vor allem in finanzieller Hinsicht. Dabei erreichen Neuverschuldung und die Summen von Sicherungsschirmen etc. schwindelerregende Höhen. „Natürlich ist es richtig, schnell finanziell einzuspringen, um Engpässe zu überbrücken“, sagt der hessische dbb Landesvorsitzende Heini Schmitt. Und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben hervorragende Arbeit geleistet, wenn längst rund 70.000 Anträge bearbeitet wurden und das Geld geflossen ist.

Doch immer wieder neu eröffnete Hilfstöpfe und ein lange noch nicht abzusehendes Ende der Pandemie lassen die Sorge wachsen. „Wir müssen parallel zur Pandemiebekämpfung auch wieder damit beginnen, den Blick auf die Zeit danach zu richten“, mahnt Heini Schmitt mit Blick auf die gewaltigen Summen, die zurzeit mit vollen Händen verteilt werden. „Mit der Politik von heute werden auch Weichen gestellt, mit finanziellen Auswirkungen auf Jahre und Jahrzehnte hinaus.“ Deshalb dürfe sich der Staat sich jetzt nicht finanziell komplett verausgaben und sollte darauf achten, dass das Geld auch zukunftsträchtig eingesetzt wird.

Darum ist es aus Sicht des dbb Hessen nicht vorrangiges Ziel, der schnellste zu sein, wenn es um die Überweisung von Hilfsgeldern geht, sondern auch um verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld, das letztlich Steuermittel sind, also Geld der Bürgerinnen und Bürger. „Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigten auch zahlreiche Fälle von Missbrauch und Mitnahmeeffekten“, sagt Schmitt und hofft bei aller Geschwindigkeit auf eine solide Überprüfung. „Gründlichkeit geht auch hier vor Schnelligkeit.“ Denn klar ist auch: Versickert das Geld in kriminellen Kanälen, bestehen kaum Chancen, dieses zurückzuholen.

Auch die Rettungsaktion für die angeschlagene Airline Condor sieht Heini Schmitt nicht als vorrangig zu bewältigende Aufgabe im Rahmen der Pandemiebekämpfung. „Condor war schon durch den Konkurs des Konzerns Thomas Cook in wirtschaftlicher Schieflage und hat bereits einmal Hilfe von staatlicher Seite erhalten“, erinnert Schmitt. Man kann nur hoffen, dass die Prognosen des Bundeswirtschaftsministers, wonach Condor „eine gute Zukunftsperspektive“ habe, sich als zutreffend erweisen.

„Natürlich ist der Erhalt von Arbeitsplätzen wichtig, doch es müssen nachvollziehbare Regeln und Grenzen formuliert werden – schon mit Rücksicht auf die vielen auf Kleinst-, Klein- und mittelständischen Unternehmen, die bis zum letzten Groschen versuchen, aus eigenen Rücklagen und mit höchstem persönlichem Einsatz über die Runden zu kommen“, sagt Schmitt. Schwierig wird die Argumentation sonst auch denen gegenüber, die faktisch weiter mit einem Berufsverbot überzogen werden, obwohl sie unter Einhaltung der Vorsichtsmaßnahmen bereits wieder Erträge erzielen könnten.

Geradezu abwegig erscheinen in diesem Zusammenhang die Forderungen gerade des VW-Chefs nach einem Unterstützungs-Konjunktur-Programm für die Autoindustrie, obwohl sein Unternehmen jüngst Milliardenbeträge als Schadensersatz für Betrug zahlen konnte, 2019 trotzdem 20 Milliarden Gewinn eingefahren hat und fest entschlossen ist, in diesem Jahr Dividende an die Aktionäre auszuzahlen.

Als besonders wichtig sieht der dbb Hessen auch, bei den weiteren Entscheidungen zu Grundrechtseinschnitten und Stützungsprogrammen das Parlament angemessen zu beteiligen. Die

erste Phase, in der schnell gehandelt werden musste, um einen Überblick zu bekommen und die nötigsten Maßnahmen einzuleiten, ist vorbei. Nun muss angesichts der Tragweite der Entscheidungen und angesichts der Tatsache, dass zumindest Zweifel bestehen, ob es ausreicht, sich als Regierung auf die Generalklausel des Infektionsschutzgesetzes zu stützen, zur (durchaus pragmatisch zu gestaltenden) parlamentarischen Befassung zurückgekehrt werden.

Kontakt bei Medien-Anfragen:

Andreas Nöthen
Pressesprecher, presse@dbbhessen.de, 

Tel. +49 170 733 55 11

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