Gestiegene Belastung, Inflation, Konkurrenzkampf um Fachkräfte: Der öffentliche Dienst in Hessen braucht dringend höhere Einkommen.
In Hessen finden eigenständige Tarifverhandlungen statt, weil es als einziges Bundesland nicht Mitglied in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist, mit der derzeit ebenfalls Tarifverhandlungen laufen. Die Hauptforderung des dbb ist aber identisch: 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr für den öffentlichen Dienst. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen. Darüber hinaus soll – neben strukturellen Verbesserungen, etwa beim Weihnachtsgeld – insbesondere die Nachwuchsgewinnung verbessert werden, beispielsweise durch höhere Ausbildungsentgelte und zukunftsgerechte Übernahmeregelungen.
Der dbb-Tarifchef Volker Geyer, der die Verhandlungen mit dem hessischen Innenministerium führen wird, erklärte am 8. November 2023: „Hessen hat die Möglichkeit, es besser zu machen, als die TdL in den aktuellen Verhandlungsrunden. Statt Ergebnisse hinauszuzögern, muss die Politik schnellstmöglich handeln. Denn die Arbeitsbelastung im öffentlichen Dienst wird immer größer, gleichzeitig frisst die Inflation die Kaufkraft der Beschäftigten auf. Unter diesen Umständen wird es immer schwieriger, neues Personal zu gewinnen und das vorhandene zu halten. Uns fehlen deutschlandweit bereits über 500.000 Beschäftigte und diese Zahl wird sich aufgrund des demografischen Wandels noch verschlimmern.“
„Es wird höchste Zeit, nun auch für die Tarifbeschäftigten in Hessen eine deutlich spürbare Einkommensverbesserung zu erwirken, zumal seit dem letzten Tarifabschluss vom Oktober 2021 die Inflation davongaloppiert ist“, sagt der hessische Landesvorsitzende, Heini Schmitt. „Auch in den Detailforderungen, vor allem in der Erhöhung der Jahressonderzahlung, liegt der wahre Wert der Forderungen“, ergänzt der hessische Tarifausschussvorsitzende, Heinrich Rosskopf.
Für die hessischen Landes- und Kommunalbeamten stellte Heini Schmitt klar: „Für uns wird diese hessische Einkommensrunde erst zu Ende sein, wenn die künftige Landesregierung klipp und klar erklärt hat, dass sie das Tarifergebnis zeitgleich und systemgerecht auf die Beamtinnen und Beamten sowie die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger überträgt und nicht den Versuch unternimmt, die Statusgruppen gegeneinander auszuspielen. Außerdem wird die Übertragung auf Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger dazu führen, dass wir dem Ziel einer verfassungskonformen Alimentation einen Schritt näherkommen. Es wäre ein wichtiger Vertrauensbeweis, wenn die Übertragung gleich zur Auftaktrunde zugesagt würde.“
Wiesbaden: Viele Gewerkschafter begleiten Auftakt zur Tarifrunde
Mit deutlich größerer Beteiligung als in den Tarifrunden der vergangenen Jahre hat am Nachmittag die Tarifrunde im TV-H in Wiesbaden begonnen. Offensichtlich war es dem dbb Hessen war es gelungen, zum Auftakt deutlich mehr Mitglieder zu mobilisieren. Alleine gut 100 Teilnehmer kamen von den Mitgliedsverbänden des dbb Hesse, etwa von der DPolG, der DSTG, dem BTB, BDZ, BSBD, VDStra, Philologenverband, VBE oder DVG.
Dbb Verhandlungsführer Volker Geyer unterstrich noch einmal die Kernforderungen: Der dbb fordert für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Hessen 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr. Die Ausbildungs- sowie die Praktikanten-Entgelte sollen um 260 Euro erhöht werden. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen.
Ein leistungsstarker öffentlicher Dienst sei essenziell, um das Land voranzubringen. „Es liegt im Interesse aller Beteiligten, dass der öffentliche Dienst ein attraktiver Arbeitgeber bleibt. Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung dies auch so sieht und mit uns in konstruktiven Verhandlungen an einem Strang zieht. „Diese Forderungen sind angemessen und notwendig“, erklärte Geyer.
Der neue Innenminister Roman Poseck hatte bereits in der Presse verlauten lassen, was er von den Gewerkschaftsforderungen halte: Überzogen, nicht finanzierbar.
Für Heini Schmitt, Chef des dbb Landesbundes Hessen, ist klar: „Es muss nicht nur ein kraftvoller Tarifabschluss her, sondern das Ergebnis muss auch zeitgleich und systemkonform auf die Beamtinnen und Beamten sowie die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger übertragen werden, um auch auf diese Weise einer verfassungskonformen Alimentation einen wichtigen Schritt näher zu kommen.“ Es dürfe sich keine Lohnlücke zwischen Hessen und den anderen Bundesländern auftun. „‚Hessen weiterführen‘ bedeutet auch, mit den anderen Bundesländern mitzuhalten. Die neue Landesregierung darf nicht riskieren, dass Hessen gegenüber den anderen Bundesländern an Attraktivität für die dringend benötigten Fachkräfte einbüßt.“
Sollte bei der ersten Runde kein Ergebnis erzielt werden, wird es am 6.7. März in Dietzenbach eine zweite Verhandlungsrunde geben. Gegebenenfalls könnte es die Woche drauf, 14./15. März zu einer dritten Runde kommen, falls bis dahin kein Ergebnis erzielt werden konnte.
Hintergrund:
Die Verhandlungen betreffen direkt etwa 45.000 Arbeitnehmende, indirekt knapp 120.000 Beamtinnen und Beamte sowie 95.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger, auf die das Tarifergebnis übertragen werden soll. Alle Informationen zur Einkommensrunde gibt es unter dbb.de/einkommensrunde.
Flugblatt Einkommensrunde TV-H 2023-2024 / Nr. 2
Der dbb Hessen setzt sich dafür ein, dass
- die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst in Hessen an der allgemeinen Einkommensentwicklung angemessen teilhaben und die Attraktivität der Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesteigert wird
- keine sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge mehr geschlossen werden
- Auszubildende übernommen werden
- die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessert wird
- Reisezeiten in vollem Umfang als Arbeitszeit anerkannt werden
- die Kinderzulage nach § 23 a TV-H unabhängig vom Beschäftigungsumfang gezahlt wird
- bei Tarifverhandlungen die Forderung nach einem Mindestbetrag beibehalten wird
- die Gespräche zur Tarifpflege unter Beteiligung des Tarifausschusses regelmäßig durchgeführt werden.
- Hessen in die TdL zurückkehrt, wenn dies unter Wahrung der im TV-H enthaltenen günstigeren Regelungen umsetzbar ist.
Hessen gestalten – nur mit uns!